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Start-up – Allein oder mit Hilfe?

[Gastartikel Kalle Eberhardt] Im September 2011 hatte ich schon einmal das Vergnügen mit Thomas Jakel, einem der Geschäftsführer von Idea Camp, zu plaudern. Damals ging es um das Thema “In 3 Tagen zum Start-Up”, was mich auch heute noch begeistert. Im neuen Artikel geht es darum, welche Vor- & Nachteile es hat mit oder ohne einen Investor als Start-Up loszulegen.

Welche Start-Ups profitieren von finanzieller Förderung und wer sollte es lieber ohne probieren?

Weite Teile der Start-Up Szene sehen das Finden eines Investors noch immer als das größte und als das erste Ziel, welches es zu erreichen gilt. Diese Gründer beschäftigen sich oft monatelang mit dem Schreiben von Businessplänen, dem Netzwerken mit möglichen Investoren und dem Treffen mit diesen Investoren, um schließlich, wenn sie Glück haben, eine Förderung zu erhalten.

Idea Camp

Idea Camp

Dabei wird häufig übersehen, dass eine erfolgreiche Gründung auch ohne Fremdkapital möglich ist. In diesem Beitrag möchte ich darauf eingehen, welche Gründer von Fremdkapital profitieren können und wer es lieber ohne versuchen sollte.

Wie sicherlich weithin bekannt, hat Fremdkapital viele Vorzüge. Durch das Fremdkapital sind die Gründer oft die dringendsten Probleme los: Wie können wir die Entwicklung unseres Produktes finanzieren? Wie kann ich im nächsten Monat meine Miete bezahlen? Wie kann ich den wichtigen Kunden kennenlernen, den ich unbedingt gewinnen will?

Die finanzielle Ausstattung und das Netzwerk, welches Investoren einbringen, lösen solche Probleme oftmals in Wohlgefallen auf und geben dem Team die Möglichkeit sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Die Entwicklung ihres Produktes und die Gewinnung von Kunden. Weniger beachtet werden dabei häufig die Nachteile, die mit Fremdkapital verbunden sind.

Priorisierung:

Einer der Hauptnachteile ist die falsche Priorisierung. Die Gründer sind oftmals monatelang nur damit beschäftigt, Investoren zu finden. Diese Zeit könnte stattdessen dazu genutzt werden, das Produkt fertig zu stellen oder erste Kunden zu gewinnen. Das würde das Projekt auch langfristig deutlich mehr voran bringen. Außerdem ist es mit einem fertigen Produkt und ersten Kunden deutlich einfacher, Investoren zu finden.

Verschwendung:

Selbst wenn im ersten Schritt Fremdkapital gesammelt wurde, hat das Projektteam nun oftmals ein Problem: Es hantiert mit viel, teilweise sehr viel, fremdem Geld. Jeder weiß, dass es deutlich einfacher ist, das Geld von anderen auszugeben, als das eigene. Das führt häufig zu einer Verschwendung des Geldes in unnötigen Projekten und hält das Team davon ab, an den Prioritäten des Projektes zu arbeiten.

Zielverschiebung:

Das Ziel einer jeden Gründung sollte sein, ein Problem zu lösen, einen „Schmerz des Kunden zu heilen“. Dazu möchte man ein perfektes Produkt basteln und dem Kunden helfen. Mit der Hereinnahme von Fremdkapital verschieben sich zwangsläufig die Ziele. Investoren wollen in der Regel nach 3-5 Jahren ein Vielfaches ihres Geldes zurück. Dies macht nicht mehr die Kundenzufriedenheit zur Maxime des Unternehmens, sondern das Geld verdienen, was oftmals kein sehr nachhaltiges Geschäft ist.

Kontrollverlust:

Wer seine eigene Firma aufbaut, geht damit in der Regel einer Leidenschaft nach, weiß genau was er plant und welche Art von Kunden er bedienen möchte. Investoren hingegen haben da oft eine ganz eigene Meinung, finden ein anderes Marktsegment deutlich lukrativer und fordern oftmals die Entwicklung des Produktes in eine andere Richtung. Dies kann die Harmonie im Team deutlich stören und Motivation und Lust auf das Produkt sehr einschränken.

Vermeintliche Netzwerkvorteile:

Eines der bedeutendsten Argumente für einen Investoren ist sein Netzwerk. Allerdings frage ich mich, ob dieses Netzwerk wirklich ein so großer Vorteil ist. Gründer ohne Netzwerk machen sich ganz bewusst Gedanken, welche Personen man gerne für dieses oder jenes Problem kennen lernen möchte und arbeiten gezielt daran. Wenn man auf bestehende Netzwerke zurück greift bedeutet dies oft, dass man Kompromisse eingeht. Dann trifft man vielleicht nicht die Nummer eins auf der Liste, sondern die Nummer zehn. Das ist deutlich einfacher, unter Umständen, aber nicht gleich erfolgsversprechend. Grundsätzlich gilt jedoch: Wer ein gutes Produkt hat, hat keine Probleme sich sein eigenes Netzwerk aufzubauen.

Doch was überwiegt denn nun, die Vorteile oder die Nachteile?

Wie so oft ist die richtige Antwort: „Das kann man so pauschal nicht sagen und hängt vom konkreten Fall ab.“. Es kommt auf das Projekt, das Produkt, die Ziele des Teams, das Team an sich, den Markt etc. an. Ich habe hier eine Liste mit Fällen gemacht, in denen Fremdkapital Sinn macht.

Mein Produkt ist so kompliziert, dass ich viel Zeit und Geld benötige, um es zu entwickeln. Allerdings würde ich selbst in diesem Fall vorher versuchen, einen kleinen Markttest zu machen, um die Nachfrage nach meinem Produkt zu überprüfen.

Der Investor hat ein Netzwerk aus unglaublich guten Kontakten, die ich unbedingt brauche und auch sonst nur sehr schwer aufbauen könnte. Hier gilt: Erkundige dich vorher, welche Kontakte dein Investor hat und stelle sicher, dass er dir diese auch zur Verfügung stellt Ich möchte einen Markt betreten, wo ich eine kritische Masse an Kunden benötige, um Geld zu verdienen. Dieser große Markteintritt ist häufig nur mit viel Geld möglich und kann helfen Wettbewerber abzuhalten.

Ich sehe die Aufgabe, die Firma alleine aufzubauen, als zu groß an und bin froh Unterstützung zu erhalten. Wenn dies der Fall sein sollte, würde ich dir dringend empfehlen, ein anderes Projekt zu suchen, weil dieses zum Scheitern verurteilt ist. Ich ziehe das Projekt nur auf, um damit möglichst schnell Geld zu machen.

Das ist sicherlich ein legitimer Grund, aber auch in diesem Fall würde ich ganz von dem Projekt abraten. Nur wenn man voll hinter dem Projekt steht, liefert man wirklich gute Leistung ab und kann Kunden und Investoren überzeugen.

Wenn nicht einer dieser Gründe vorliegt, würde ich dir raten, das Projekt mit eigenen Mitteln zu gründen. Oftmals gibt es Möglichkeiten, mit einem abgespeckten Produkt an den Markt zu gehen und sehr günstiges Marketing zu bekommen.

So bleibst du immer Herr deines Unternehmens und kannst selbst entscheiden, was du damit tun und lassen willst. Nichts ist schöner für einen Gründer, als ein aus sich heraus wachsendes Unternehmen, welches man selbst gestalten kann.

Sollten Sie sich doch für einen Investoren entscheiden, stellen Sie sicher, dass Verantwortungen und Rechte eindeutig geklärt sind, dass der Investor Ihre Idee so unterstützt, wie sie ist und dass das Projekt komplett in den Händen des Teams liegt.

So oder so, eine Entscheidung Pro oder Contra Investor muss immer sehr genau abgewogen werden. Verlasse dich dabei nie auf die Meinung der anderen, sondern vielmehr auf dein Gefühl.

Über mich:

Kalle_Eberhardt Kalle Eberhardt ist Gründer und Geschäftsführer vom Idea Camp.

Das Idea Camp hat es sich zum Ziel gesetzt Gründungswillige mit allen möglichen Hintergründen von der Ideenfindung bis zur Umsetzung zu unterstützen.

Dazu veranstaltet das Team 3-tägige Workshops und begleitet die Gründer auch anschließend als Mentoren.

One comment

  1. Also ich muss dem, dass man das pauschal so nicht sagen kann, beipflichten. Eine präzise Marktanalyse ist sehr wichtig und man muss sich die Mühe machen das ganze aus Kundensicht zu sehen, sonst geht es schief

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