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Inventurarten

InventurartenWelche Inventurarten gibt es? Diese und andere Fragen rund um das Thema Inventur beantworten wir dir in diesem Beitrag. Inventuren dienen der lückenlosen Ermittlung der Vermögenswerte und Schulden eines Handelsunternehmens gemäß handels- und steuerrechtlicher Vorschriften. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Inventur für Kaufleute im Rahmen der ordnungsgemäßen Buchführung einmal jährlich zu einem bestimmten Zeitpunkt, dem Stichtag. Zu diesem Zweck muss eine Inventurliste (Inventar) erstellt werden, deren Aufbewahrungsfrist 10 Jahre beträgt. Die Verpflichtung zur Inventur entfällt, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren der Umsatzerlös 500.000 Euro und der Gewinn 50.000 Euro nicht übersteigen.

Im folgenden Beitrag werden die unterschiedlichen Inventurarten der Durchführung erläutert und die jeweiligen Vor- und Nachteile aufgezeigt.

Stichtagsinventur

Bei einer Stichtagsinventur werden die Warenbestände eines Unternehmens exakt am letzten Tag eines jeden Geschäftsjahres, dem sogenannten Bilanzstichtag, erfasst. Dies kann am 31.12. erfolgen, muss es aber nicht. Es ist sogar ratsam, das Wirtschaftsjahr, welches vom Kalenderjahr abweichen kann, so zu legen, dass der Stichtag nicht in die umsatzstärkste Geschäftsperiode fällt. Das Ergebnis der körperlichen Bestandsaufnahme durch zählen, wiegen oder messen ist ein Inventar, das den aktuellen Ist-Bestand widerspiegelt. Je nach Größe und Beschaffenheit eines Betriebes kann der Arbeitsaufwand innerhalb einer kurzen Zeitspanne beträchtlich sein; viele Unternehmen sehen sich daher gezwungen, während der Inventur den aktiven Geschäfts- und/oder Produktionsbetrieb auszusetzen. Da der Zeitdruck relativ hoch ist, können sich leicht Erfassungsfehler einschleichen.

Zeitnahe Stichtagsinventur

Wenn die Inventur zeitnah stattfindet, bedeutet das, dass sie innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag durchgeführt wird. Bestandsveränderungen vor oder nach dem Stichtag müssen wertmäßig fortgeschrieben beziehungsweise im Rahmen einer Rückrechnung einbezogen werden. Wichtig ist auch, dass die Veränderungen zwischen dem Stichtag und dem Tag der körperlichen Bestandsaufnahme durch Belege oder Aufzeichnungen sorgfältig dokumentiert werden. Das Ansetzen eines verlängerten Zeitrahmens ermöglicht mitunter eine bessere Planung der Inventur, wodurch der Geschäftsausfall eingegrenzt werden kann. Außerdem kann auf diese Art und Weise bei größeren Betrieben mitunter die Hinzuziehung von Aushilfskräften oder die Anordnung von Überstunden vermieden werden.

Stichprobeninventur

Besonders für größere Unternehmen eignet sich ein vereinfachtes Verfahren in Form einer Stichprobeninventur, die im Vorfeld jedoch vom Finanzamt genehmigt werden muss. Sie macht Sinn, wenn der überwiegende Teil des Lagerbestands aus wenigen hochwertigen Gütern besteht, das heißt, rund 20% der Ware repräsentieren etwa 80% des Buchwertes. Dem restlichen Bestand werden willkürliche Stichproben entnommen, aus denen der Gesamtbestand durch anerkannte mathematisch-statistische Verfahren ermittelt wird. Eine weitere zwingende Voraussetzung ist eine ordnungsgemäße (elektronische) Lagerbuchhaltung. Der geringe Personalaufwand bedeutet eine beachtliche Zeit- und Kostenersparnis; diese Variante kommt meist zur Anwendung, wenn der Aufwand der anderen Verfahren wirtschaftlich nicht mehr vertretbar ist. Grundsätzlich ausgeschlossen ist es bei verderblichen Waren.

Permanente Inventur

Die körperliche und buchmäßige Erfassung des Warenbestandes an einem beliebig gewählten Stichtag und die Fortschreibung des so erstellten Bestandsverzeichnisses über das gesamte Geschäftsjahr nennt man eine permanente Inventur. Das Verfahren setzt voraus, dass die körperliche Inventur mindestens einmal jährlich durchgeführt und das Lagerbuch kontinuierlich geführt wird. Letzteres wird heutzutage in den meisten Betrieben mittels EDV-gestützter Bestandslisten ohne Mehraufwand gewährleistet. Dem Kaufmann ist die Wahl des passenden Termins für die Bestandsaufnahme freigestellt, so dass eine Beeinträchtigung des Geschäftsablaufs minimiert werden kann. Auch lassen sich so Abweichungen des Soll-Bestandes vom Ist-Bestand relativ rasch aufdecken. Nicht jeder wird sich mit der permanenten Führung eines Lagerbuches anfreunden können.

Verlegte Inventur

Liegen die Voraussetzungen für eine permanente Inventur nicht vor und ist die Erfassung aufgrund erheblicher Bestände zum Stichtag nicht praktikabel, so kann diese auch zeitverschoben erfolgen. Die verlegte Inventur kann innerhalb der drei Monate vor oder innerhalb der auf den Stichtag folgenden zwei Monate durchgeführt werden. Auch hier ist wie bei der zeitnahen Inventur eine rein wertmäßige Fortschreibung beziehungsweise eine Rückrechnung zum Stichtag vorgeschrieben, wobei das Datum des Inventars mit dem Tag der körperlichen Aufnahme des Warenbestands korrespondiert. Diese Form der Inventur kann zur Zeitersparnis etwa dann erfolgen, wenn die Lagerbestände niedrig sind, ist aber ist insofern fehleranfällig, als zusätzliche Berechnungen angestellt werden müssen; andererseits erlaubt das komfortable Zeitfenster von fünf Monaten eine detaillierte Planung, die gerade für Unternehmen mit saisonbedingten Stoßzeiten eine Erleichterung darstellen dürfte.
Zu beachten ist, dass sowohl eine permanente als auch eine verlegte Inventur nicht zulässig sind, wenn es bei den Beständen typischerweise zu unkontrollierbaren Abgängen kommen kann oder es sich um für diesen Betrieb besonders wertvolle Wirtschaftsgüter handelt.