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Mit der Selbstständigkeit gescheitert: Und jetzt?

Man hört es immer wieder, ein Großteil der Gründer muss die Selbstständigkeit binnen drei Jahren nach Gründung wieder an den Nagel hängen. Das Allgemeinbild sieht so aus, dass der einst Selbstständige gescheitert ist. Dabei gibt es viele Gründe, die zur Aufgabe der selbstständigen Existenz führen können.

Gescheiterte Selbstständigkeit

Sicher sind einige tatsächlich als Scheitern zu beurteilen, viele aber auch überhaupt nicht, wie folgende Auflistung der Gründe beweist:

  • sinkende Umsätze
  • gesteigerte Konkurrenz
  • Preisdruck durch Konkurrenz, der nicht mehr mit getragen werden kann
  • sinkende Nachfrage nach den angebotenen Produkten
  • Wunsch nach mehr Freizeit
  • Wunsch nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Wunsch nach Sicherheit durch fixes Einkommen
  • gesundheitliche Probleme, die die Belastung des selbstständigen Daseins nicht mehr möglich machen
  • Wunsch nach nachhaltigem Arbeiten an einem Projekt und Kontrolle über die weitergehenden Erfolge

Eine Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit sollte also niemand per se als Scheitern betrachten, sondern eher als Aufbruch zu neuen Zielen. Wer wirklich etwas erreichen will, der sollte sich also nicht zurückziehen und sich als gescheitert betrachten, auch wenn die Arbeitswelt dies nicht ganz einfach macht.

Nicht vorschnell schließen

Wichtigster Grundsatz für alle Selbstständigen, die sich mit dem Gedanken tragen, zurück ins Angestelltendasein zu wechseln, ist, die Entscheidung nicht vorschnell zu treffen. Sie sollte wohl überlegt sein. Auch die finanziellen Einbußen müssen berücksichtigt werden.

Wer sich freiwillig gegen die Arbeitslosigkeit versichert hat, sollte zunächst das Gespräch mit der Bundesagentur für Arbeit suchen, denn diese muss rechtzeitig über die Aufgabe der Selbstständigkeit informiert werden. Andernfalls kann es zu Sperrzeiten bei der Auszahlung des Arbeitslosengeldes kommen.

Zudem kann auch die volle Selbstständigkeit in eine Nebenerwerbs-Selbstständigkeit umstrukturiert werden. Damit gibt man nicht sofort das gesamte Lebenswerk auf, sondern kann sich sozusagen ein Hintertürchen offen halten. Denn es ist längst nicht gesagt, dass man sofort einen neuen Job findet, nur weil man nach diesem sucht.

Versicherungsrecht berücksichtigen

Wichtig ist zudem, dass sich angehende Ex-Selbstständige Gedanken um ihre Versicherungen machen. Insbesondere im Bezug auf die Krankenversicherung ist dies wichtig. Hier gelten folgende Grundsätze:

  • Private Absicherung muss im Angestelltenverhältnis aufgegeben werden, sofern die Beitragsbemessungsgrenzen bezüglich des Einkommens nicht überschritten werden.
  • Weiterhin gilt eine Pflichtversicherung in der privaten Krankenversicherung, sofern der Ex-Selbstständige das 55. Lebensjahr vollendet hat. Ein Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht mehr möglich.

Weiterhin müssen die Mitgliedschaften bei verschiedenen Versicherungen, Institutionen und Behörden entsprechend gekündigt werden. Dazu zählen etwa

Steuerrecht beachten

Ebenfalls wird der Fiskus nicht einfach tatenlos zusehen, wie die Selbstständigkeit aufgegeben werden muss. Eine Abschluss-Steuererklärung ist in jedem Fall einzureichen und kann mitunter zu hohen Zahlungen führen. Diese sollten vor der Aufgabe der Selbstständigkeit gesondert geparkt werden, damit nicht nach der Aufgabe der bisherigen Existenz auch noch ein großer Schuldenberg droht.

Sofern Mitarbeiter beschäftigt wurden, müssen diese ordnungsgemäß entlassen werden. Die Abmeldungen bei den Sozialversicherungsträgern sind vorzunehmen und vieles mehr.

Wie kann man einen neuen Job finden?

Auch die Suche nach einem Job im Angestelltenverhältnis gestaltet sich alles andere, als einfach. Viele Arbeitgeber scheuen sich davor, ehemals Selbstständige zu beschäftigen. Meist sind es Vorurteile, die dieses Misstrauen auf Seiten der Arbeitgeber bedingen. Dazu zählen etwa Befürchtungen, dass

  • ehemals Selbstständige nicht teamfähig sind,
  • ehemals Selbstständige zu hohe Gehaltsvorstellungen mitbringen,
  • ehemals Selbstständige nicht mehr belastbar sind,
  • ehemals Selbstständige sich nicht unterordnen können,
  • ehemals Selbstständige sich nicht zu Routineaufgaben motivieren können,
  • ehemals Selbstständige möglichst viel Entscheidungsfreiheit wollen.

Viele dieser Vorurteile sind jedoch völlig unbegründet. Unterordnen muss sich auch jeder Selbstständige den Wünschen seiner Kunden. Gehaltsvorstellungen, die überzogen sind, werden nur von den wenigsten ehemals Selbstständigen verfolgt, einfach aus dem Grund, weil Selbstständigkeit längst nicht mehr gleichzusetzen ist mit enorm hohen Verdiensten.

Zusätzlich ergeben sich Vorteile, wenn ehemals Selbstständige eingestellt werden, denn sie:

  • arbeiten und denken eigenverantwortlich,
  • verstehen viele Zusammenhänge im Unternehmen,
  • können andere Sichtweisen auf ein Problem mitbringen, die „normalen“ Angestellten entgehen,
  • können viel Erfahrung in Sachen Personal-, Steuerrecht, Verhandlungen und Co. mit einbringen.

Wie sollte man sich bewerben?

Wichtig ist für ehemals Selbstständige, dass sie sich richtig bewerben. Sie sollten dabei gar nicht zu sehr auf den Wunsch zum Wechsel in ein Angestelltenverhältnis eingehen. Besser ist es, im Anschreiben zu erklären, warum einen gerade diese Stelle so brennend interessiert.

Im Lebenslauf sollten dann einige der während der Selbstständigkeit betreuten Kunden benannt werden, hinzu kommt eine Auflistung der übernommenen Aufgaben.

Außerdem sollten ehemals Selbstständige Referenzschreiben zur Bewerbung packen, vielleicht findet sich der eine oder andere Kunde, der bereit ist, ein entsprechendes Schreiben zu erstellen.

Alle anderen Zeugnisse, Qualifikationsnachweise und Co., die für die ausgeschriebene Stelle von Bedeutung sein könnten, sollten der Bewerbung ebenfalls beigelegt werden.

Wer sich unsicher ist, kann auch zunächst ein Bewerbungstraining absolvieren, in dem er genau die eigene Situation anspricht, so dass klar wird, ob und wie er seine Vorzüge als einstiger Selbstständiger darstellen kann und sollte.

Wo gibt es geeignete Jobs?

Für die Jobsuche als solches eignen sich die klassischen Jobsuchmaschinen, sei es etwa von Seiten der Agentur für Arbeit oder von privaten Jobvermittlern.

Für die Stellensuche kann ebenfalls das Portal www.jobanzeigen.de zu Rate gezogen werden. Auch ein Blick in die örtlichen Tageszeitungen kann einige interessante Stellen zutage fördern.

Wichtig ist, dass Selbstständige nicht jeden x-beliebigen Job in die engere Wahl ziehen, sondern versuchen, eine Stelle zu finden, die ihren Erfahrungen, persönlichen Anforderungen und Vorlieben entspricht.

Andernfalls kann der neue Job schnell viel Unzufriedenheit mit sich bringen und dann wird der Selbstständigkeit doch vermehrt nachgetrauert. Damit kann eine Motivation für den neuen Job freilich nicht erreicht werden und der Einsatz lässt ebenso zu wünschen übrig.

3 comments

  1. Selbstständigkeit kann ich mir für mich auch nur in einem kleineren Rahmen, etwa als zusätzliches Einkommen bei einer Nebentätigkeit, vorstellen. Aber als Haupteinnahmequelle? Nein, da fehlt mir einfach der gewiefte Geschäftsinstinkt. Da bin ich lieber Befehlsempfänger und kriege mein fixes Gehalt. Ich sehe das ja bei vielen meiner Bekannten, die sich mit einer Geschäftsidee selbstständig gemacht haben: Die müssen ständig neue Kunden anwerben oder den alten hinterherlaufen, weil ihre Existenz davon abhängt. Gescheitert ist von denen bisher zwar keiner, aber ordentlich und sicher verdienen tun die auch alle nicht. Ob die sich im Falle eines Scheiterns hinterher wieder in ein Arbeitskollegenteam eingliedern können, das steht allerdings auf einem anderen Blatt – das sind alles echte Freigeister, die sich nicht gerne hereinreden lassen und nur den Anweisungen der inneren Stimme folgen.

  2. Kennzeichen King

    ein sehr schweres thema. ich denke viele leute die das zeug dazu hätten trauen sich diesen schritt oft nicht, da er mit risiken verbunden ist und genau die menschen, die man eigtl brauchen würde, bleiben lieber „safe“ beim arbeitgeber und verweilen dort…. schade

  3. Wie kann man nur wieder ALLE über einen Kamm scheren? => Das sind alles Freigeister. Das werde ich nie verstehen, diese Schubladendenken.

    Nehmen wir doch mal ein Beispiel wie es ja auch gelaufen sein kann.
    Ehemaliger Angestellter war bei mehreren Firmen tätig und hat sich dann selbstständig gemacht, nach einigen Jahren läuft es nicht mehr so gut.
    Es könnte ja mit der wirtschaftliche Lage zusammenhängen, z. B. wenn derjenige in der Finanzbranche tätig ist bzw. war.

    Da kann ich jeden verstehen, der sagt: Ich gehe wieder ins Angestelltenverhältnis.
    Familie ernähren etc.

    Der war doch nichts anderes als ein kaufmännischer Angestellter, nur halt selbstständig.
    Vielleicht sollte ich auch lieber sagen: seine Arbeitsweise ist nicht viel anders als die eines Angestellten in der Bank.
    Nur das er halt Drumherum noch einiges mehr machen muss als der Angestellte.

    Wenn dann noch gute Zeugnisse da sind, dann würde ich so jemandem eine Chance geben.
    Es gibt ja auch noch die Probefrist von 6 Monaten.