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Societas Europaea – die Europa AG

Überblick

Allgemeine Informationen

Die Bezeichnung Societas Europaea, kurz SE oder Europäische Gesellschaft, ist für Aktiengesellschafen im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Europäischen Union gebräuchlich. Mit der Gründung einer Europa AG wurden seit 2004 innerhalb der EU weitgehend einheitliche Rechtsgrundlagen geschaffen. Im Jahre 2011 waren 909 Europa AGs registriert, davon 175 innerhalb Deutschlands.

Die Merkmale einer Socitas Europaea

Eine SE besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit und wird als Kapitalgesellschaft geführt. Für die Gründung ist ein Mindestkapital von 120.000 Euro notwendig. Das Kapital wird in Aktien zerlegt. Die einzelne Aktionäre können nur bis zu der Höhe des von ihnen eingebrachten Kapitals haftbar gemacht werden. Eine Europas AG muss ihren Firmensitz innerhalb eines EU-Staates besitzen oder sich innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes niederlassen.

Alle Aktionäre üben grundlegende Rechte aus und versammeln sich in der Hauptversammlung. Die Geschäftsführung kann auf unterschiedliche Weise ausgeübt werden. Beim dualistischen System führt der Vorstand die Geschäfte, welche vom Aufsichtsrat kontrolliert werden. Beim monoistischen System übernimmt der Verwaltungsrat die Leitung in eigener Verantwortung. Dieser Verwaltungsrat muss aus drei Mitgliedern bestehen.

Andere Bestimmungen sind in der Satzung festzulegen. Für die Führung der laufenden Geschäfte müssen vom Verwaltungsrat geschäftsführende Direktoren bestellt werden. Diese können aus dem Kreis der Verwaltungsratsmitglieder stammen, aber auch externe geschäftsführende Direktoren können eingesetzt werden. Die Aktien sind im Rahmen der jeweiligen national geltenden Vorschriften übertragbar. Das die Aktien an der Börse gehandelt werden ist nicht zwingend notwendig.

Die Gründung einer Europa AG

Um eine Europa AG zu gründen gibt es vier unterschiedliche Varianten:

  • den Zusammenschluss bestehender Gesellschaften
  • die Gründung von Holding-Gesellschaften
  • die Gründung von Tochter-Gesellschaften
  • die Umwandlung einer nationalen Aktiengesellschaft

Für die Gründung einer SE müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Die Gründungsmitglieder müssen aus Mitgliedstaaten der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraumes stammen. Bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaften müssen diese aus mindestens zwei unterschiedlichen Mitgliedsstaaten stammen. Man spricht hier von Mehrstaatenbezug.

Bei der Holding SE können sich Gesellschaften aus den selben Mitgliedsstaaten zusammenschließen, wenn zwei dieser Gesellschafen über Tochtergesellschaften oder Niederlassungen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat verfügen. Es muss mindestens ein Kapital von 120.000 Euro eingebracht werden.

Die Führung einer Europa AG

Die Geschäftsführung einer Europa AG können sich, wie in Mitteleuropa allgemein üblich, Aufsichtsrat und Vorstand teilen. In der Satzung muss festgelegt werden, ob eine Gründung nach dualistischen oder monolistischem Geschäftsmodell angestrebt ist. Die Beteiligung von Arbeitnehmern richtet sich nach dem jeweils geltenden nationalen Recht.

In Deutschland sieht das SEBG vor, dass ein besonderes Verhandlungsgremium, welches von den Arbeitnehmern gewählt wird und die Vertreter der Gründungsgesellschaften die Beteiligung von Arbeitnehmern in einer entsprechenden Beteiligungsvereinbarung festlegen. Diese Verhandlungen können bis zu einem Jahr andauern. Führen sie zu keiner Einigung, kommt die so genannte Auffanglösung zum Tragen. Die Beteiligung umfasst sowohl ein Verfahren zur Anhörung und Unterrichtung als auch die Mitbestimmung in den Organen der AG.

Die Rechnungslegung und die Handhabung des Insolvenzverfahrens geschehen nach nationalem Recht. In Deutschland wurde im Jahre 2004 das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und das SE Einführungsgesetz verabschiedet. Jede Europäische Aktiengesellschaft bedarf einer Satzung.

Die Societas Europaea bildet hierbei eine Besonderheit. Die Satzung eröffnet einen Spielraum, welcher sogar nationale Gesetze in den Schatten stellt. Bereiche, welche in der SE Verordnung nicht oder nur teils geregelt werden, sind vom jeweiligen nationalen Rechtsrahmen abhängig. Diese außergewöhnliche Hierarchie in der Rechtsform hat ihre Ursache darin, dass die SE eine Rechtsnorm ist, wo europäisches Recht greift und auf das Recht der EU ist das nationale Recht des jeweiligen Einzelstaates nur in Ergänzungen anwendbar.

Steuerlich werden Europa AGs wie nationale Aktiengesellschaften des jeweiligen Landes behandelt. Sie folgen also grundsätzlich der örtlichen Steuergesetzgebung. Da eine Europa AG grundsätzlich grenzüberschreitend arbeitet, sind jedoch auch europarechtliche Vorschriften ins Auge zu fassen. So ist vorgeschrieben, das sich alle nationalen Gesetzgebungen mit dem primären Gemeinschaftsrecht vereinbaren lassen.

Die praktische Bedeutung einer Europa AG

Der Europäische Gewerkschaftsbund verfolgt die Zahl der SE-Gründungen innerhalb Europas und präsentiert Auswertungen und aktuelle Zahlen auf seiner Homepage. In den ersten Jahren nach der Gründung war die Zahl der Societas Europaea zunächst recht gering. Doch über die Jahre hinweg konnte ein positiver Trend verzeichnet werden.

Die größte Zahl an SE-Gründungen wurde bislang in der Tschechischen Republik verbucht .Hier waren bereits 2010 313 Europa AGs registriert. Die erste Europa AG wurde in Österreich gegründet. Dies ist auf die schnelle Verabschiedung des österreichischen SE-Gesetzes, nur vier Tag nach Beschluss der SE-Verordnung zurückzuführen. Bekannte SE-Unternehmen in Deutschland sind BASF, Allianz, Porsche oder Tchibo.

Die Vorteile einer Europa AG

  • Vereinfachung grenzüberschreitender Transaktionen
  • freie Sitzwahl innerhalb der EU
  • auch für den Mittelstand geeignet
  • europaweiter Auftritt als rechtliche Einheit möglich
  • grenzüberschreitende Fusionen möglich
  • Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder reduziert sich

Die Nachteile einer Europa AG

  • 25 verschiedene Ausprägungen vorhanden
  • keine generell einheitliche europäische Rechtslage
  • hoher Verwaltungsaufwand
  • Sachkenntnis unterschiedlicher Gesetzeslagen erforderlich
  • Verhandlungsaufwand im Vorfeld
  • durch Verhandlungen über Arbeitnehmerbeteiligungen Verzögerungen möglich